Haushaltsrede 2008

Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit – das sind die Grundsätze, wonach ein solider Haushalt zu bewerten ist. Dabei geht es nicht nur um ein Summenspiel, um eine Gegenüberstellung von Ein- und Ausgaben, um Plus oder Minus. Ein Haushaltsplan setzt vor allem auch die Weichen für die Politik der kommenden Jahre. Er entscheidet darüber, ob das Schiff weiterhin stabil in der Fahrspur bleibt. Oder ob es langfristig ins Schlingern geraten kann.

„Wir sind schuldenfrei“ – das ist die Nachricht, die vor Monaten durch die Republik ging und so manch andere Stadt und Gemeinde neidisch auf Eppelheim blicken ließ. Und heute lesen wir im Haushaltsplan: „Die Stadt bleibt … 2008 im Kämmereihaushalt noch schuldenfrei“ – das klingt erfreulich. Doch was steckt tatsächlich hinter dieser Nachricht?

Tatsache ist, dass neben dem Kernhaushalt auch der Haushalt des Wasserwerkes zum Haushalt dieser Gemeinde gehört. Und dort haben wir 2008 eine Verschuldung von 5,01 Mio. Euro. Das entspricht einer Pro-Kopf-Verschuldung von 344,52 Euro. Und die Finanzplanung zeigt, dass wir auch in diesem und den kommenden Jahren nicht ohne eine neue Kreditaufnahme auskommen werden. So sind für das Wasserwerk im Zeitraum von 2008 bis 2011 ca. 2,7 Mio. € neue Kredite erforderlich. Die dort getätigten Investitionen zur Erneuerung des Rohrnetzes und zur Aufbereitung des Trinkwassers waren und sind notwendig und richtig. Es sind rentierliche Mittel, die wir in unsere Zukunft investieren. Eine Privatisierung, wie sie lange vom BGM favorisiert wurde, wäre der falsche Weg gewesen. Nachhaltiges Wirtschaften heißt gerade hier, dass die Stadt das Wasserwerk in eigener Regie bewirtschaftet.

Warum sind wir aber im Kernhaushalt „schuldenfrei“? Und wenn wir es sind: Warum haben wir dann unsere Schulen nicht selbst saniert?

Trotz eines niedrigen Schuldenstands haben wir nur sehr enge Finanzspielräume im Verwaltungshauhalt – und diese werden mit ÖPP noch enger. ÖPP zur Sanierung der Schulen war und ist finanzpolitisch der falsche Weg, gerade wegen unserer unsicheren Haushaltslage im Verwaltungshaushalt. Auf die unkalkulierbaren Risiken haben wir mehrfach hingewiesen. Allein die Beratungskosten und Entschädigungszahlungen für die Firmen, die sich am Wettbewerb beteiligt haben, belaufen sich mittlerweile auf über 480.000 EUR.

Warum also keine Schulden im Kernhaushalt?

Seit Jahren wurden notwendige Instandhaltungsmaßnahmen vor allem in unsere Schulen und gemeindeeigenen Häusern nicht getätigt. Die Begründung lautete jedes Mal: Es ist kein Geld für die Sanierung da. Obwohl Gelder eingestellt waren und Beschlüsse vorlagen, wurden diese nicht umgesetzt. Mit jedem Jahr, das ohne Sanierung verstrich, stiegen die Chancen auf den großen Wurf. Und der große Wurf hieß ÖPP. Um ÖPP durchzusetzen, nahm der BGM es in Kauf, dass die Gebäudesubstanz zusehends verfiel – und verschönte nebenbei die Haushaltsergebnisse, indem er die nicht ausgegebenen Sanierungsgelder als Einnahmen verbuchte.

Kalte Sanierung“ nennt man in der Wohnungsbranche die Methode des langjährigen Verschleppens von notwendigen Investitionsmaßnahmen, um einen Abriss oder andere Ziele zu erzwingen. Und nach Art der kalten Sanierung wird mit den städtischen Liegenschaften weiter verfahren. So werden laut Kämmerer „auch in diesem Haushalt die Unterhalts- und Bewirtschaftungskosten für die städtischen Liegenschaften, Anlagen und das bewegliche Vermögen auf das absolute Mindestmaß reduziert, werden aber in den Folgejahren weiter ansteigen.“ Das bedeutet: Der Investitionsstau steigt weiter.

Warum aber dieser Investitionsstau? Weil nur so es dem BGM möglich ist, einen Überschuss in Höhe von 1 Mio. Euro vorzuweisen – um eben auch ÖPP zu bezahlen. Aber dieser Überschuss ist lediglich dem wesentlich verbesserten Finanzausgleich, sprich der guten Konjunktur, zu danken. Dieser erhöhte sich nämlich in 2008 um 2,8 Mio. Euro gegenüber dem Vorjahr. Blauäugig wer glaubt, dass diese Geldmittel auch in den kommenden Jahren üppig sprudeln werden. 

Betrachtet man dagegen eine der wesentlichen Säulen der „eigenerwirtschafteten“ Einnahmenseite, sprich die Gewerbesteuereinnahmen, sieht die Finanzlage alles andere als rosig aus. Denn entgegen dem Bundes- und Landestrend verzeichnet Eppelheim seit 2000 eine stetige Reduzierung der Gewerbesteuereinnahmen. Von 2000 bis 2008 halbieren sich diese Einnahmen von 6,2 Mio. auf wahrscheinlich nur noch 3  Mio. Euro. Sehr ungewiss ist auch die weitere Entwicklung in der Zukunft, da wir im wesentlichen von einem Gewerbesteuerzahler abhängig sind, der  2010 sein Unternehmen an die Börse bringen will . Welche finanziellen Auswirkungen das für die Gemeinde haben wird, ist noch völlig offen, aber von großer  Bedeutung für unsere Finanzen.

Dabei werden neben ÖPP, das in den kommenden Jahren den Haushalt mit mindestens 2,5 Mio. Euro jährlich belasten wird, noch andere Herausforderungen auf uns zukommen, die uns zwingen, einen strikteren Konsolidierungskurs einzuschlagen.

Bereits ab 2009 gilt das neue Gemeindehaushaltsrecht mit einer Übergangsfrist, die für Eppelheim bis 2015 verlängert wurde. Ab diesem Zeitpunkt müssen alle Abschreibungen auf das gesamte Vermögen zusätzlich im Verwaltungshaushalt erwirtschaftet werden. Nachhaltige Wirtschaften heißt deshalb schon heute für uns, dass wir im Vorfeld neuer Investitionen errechnen müssen, ob sie langfristig im Verwaltungshaushalt finanziert werden können.

Würde das neue Haushaltsrecht bereits ab nächstem Jahr gelten, müssten wir jedes Jahr mehr als 1 Mio. Euro im Haushalt zusätzlich als Überschuss erwirtschaften. Die Finanzplanung des nächsten Jahre zeigt, dass wir dann bereits 2009 einen Fehlbetrag von mehr als 1,18 Mio. Euro hätten und sich dies auch in den Folgejahren fortsetzen würde. (S. 271)

Einige Anmerkungen zum Vermögenshaushalt diesen Jahres und der Folgejahre:

Auch kann keine Zuführung mehr an die Rücklagen stattfinden, obwohl –  wie ich später noch ausführen werde –  Investitionen, die getätigt werden müssen, nicht in der mittelfristigen Finanzplanung enthalten sind.

Wir begrüßen es, dass endlich die Lärmschutzwand an der Autobahn gebaut wird. Dass sich der Zuschuss in Höhe von 500 000 Euro des privaten Investors für die  Lärmschutzwand beim ehemaliges Grimmig Gelände noch in der Schwebe befindet und die Gemeinde in Vorleistung treten soll, ist für uns nicht hinnehmbar.

Die nach wie vor im Vermögenshaushalt ausgewiesene Summe von 150 000€ für die Anschaffung von Wohncontainern für Obdachlose wären eine Investition, die nichts mit nachhaltigem Wirtschaften zu tun hat. Sie  ist sozial nicht vertretbar und städteplanerischer Unsinn.

In der mittelfristigen Finanzplanung fehlen sowohl im Vermögenshaushalt die Investitionskosten ( vgl. S. 275f) als auch im Verwaltungshaushalt die Folgekosten  z. B. für den heute auf der Tagesordnung stehenden Erweiterungsbau Gymnasium. Ebenfalls kein Geld eingestellt ist für eine neue Mensa, falls die Rhein-Neckar-Halle abgerissen wird, für zusätzliche Ganztagesräume in der Friedrich-Ebert-Schule, für das geplante Kinderhaus, für das Projekt sozialer Wohnungsbau.

Überhaupt nicht nachvollziehbar sind die im Verwaltungshaushalt ausgewiesenen Personalkosten in Höhe von 4,3 Mio. Euro (vgl. S. 7, S. 258ff). Wer diese Zahlen eingereicht hat, kann entweder nicht rechnen oder hat bewusst Luftnummern angegeben.

Demnach steigen die gesamten Personalkosten um 30 430 €, also um gerade mal 0,71%. In dieser Steigerung soll aber auch eine Gehaltssteigerung von 3 % beinhaltet sein, eine Leistungszulage von 36 000€, und im  Stellenplan (S . 257 und 262f. ) sind noch zusätzlich 26 neue Stellen ausgewiesen. Allein eine 3% Gehaltssteigerung bei gleichbleibendem Personal würde eine Kostensteigerung um 129 106 € bedeuten.

Es ist sachlich richtig, dass ein Haushalt gerade auf der Einnahmeseite immer Unwägbarkeiten enthält. Aber es kann und darf nicht sein, dass fundamentale Zahlen für Investitionen einfach weggelassen werden oder wie bei den Personalkosten mit Luftnummern gearbeitet wird. So kann kein seriöser Haushalt aussehen.

Wir bedanken uns bei den anderen Fraktionen, dass sie unseren bei den Haushaltsberatungen gestellter Antrag, die Zuschüsse für erneuerbare Energien, den Einbau von Regenwassernutzanlagen sowie für Flächenentsiegelung und Dachbegrünungen auf 25 000 Euro zu erhöhen unterstützt  haben.

Der Bürgermeister hat mit einem Schreiben vom Februar zugesagt, dass er auch unsere Anträge, die aus dem Energiewärmegesetz resultierenden Anforderungen an die Liegenschaften der Stadt Eppelheim, umsetzen wird. Dazu müsste aber auch Geld in den Haushalt eingestellt werden. Dies ist in diesem Haushalt und auch in der mittelfristigen Finanzplanung noch nicht erkennbar.

Dass Investitionen in erneuerbare Energien rentierliche Investitionen sind, zeigt schon dieser Haushalt. Die Photovoltaik Anlage auf dem Hallenbad wird uns 25 000€  an Einnahmen bringen.

Was vermissen wir noch in diesem Haushalt und müsste noch angegangen werden?

– Innerörtliche Erschließung statt weiterer Flächenversiegelung. Wir brauchen keine neuen Gewerbe- und Wohngebiete, wie für die nächste Bürgerversammlung angekündigt, sondern ein nachhaltiges Flächenmanagementkonzept.

– Bebauungspläne unter dem Gesichtspunkt Energieeinsparung, Niedrigbauweise, Nutzung erneuerbarer Energien, dezentrale Energieversorgung (z.B. Blockheizkraftwerk).

– Die Stadt nimmt eine Vorreiterfunktion in Sachen Energieeinsparung und erneuerbare Energien ein (leider beim ÖPP Projekt und auch dem neu geplanten Schulanbau nicht erkennbar).

– Ausbau eines vernetzten und sicheren Radwegenetzes in Kooperation auch mit den Nachbargemeinden. Dies wurde von uns immer wieder gefordert, aber bisher nicht angegangen.  Klimaschutz muss sich auch in der Verkehrspolitik niederschlagen. Mobilität durch den ÖPNV wird zunehmend zwingender. Deshalb muss es im Interesse der Gemeinde Eppelheim sein, dass die Anbindung durch den ÖPNV an den Wieblinger Bahnhof verbessert wird und auch Druck auf Plankstadt und Schwetzingen auszuüben, die Straßenbahn von Eppelheim aus weiterzuführen. Auch das würde den Wohnstandort Eppelheim aufwerten.

– Das Stadtentwicklungskonzept – umgesetzt bzw. vorangetrieben werden. Nach wie vor bilden die Einfälle des BGMs bei Tempo 200 oder die Geistesblitze beim Blick in den morgendlichen Spiegel die Grundlage für neue städtebauliche Projekte. Es werden immer wieder neue Insellösungen im Schnellverfahren angedacht und umgesetzt. Welche Folgen diese überstürzten Umsetzungen haben, sehen wir beim  Hallenbad: 30 000 € für den Ersatz der Fliesen, 20 000€ für weitere Nachbesserungen, Defizit: 560 540€ 2007; beim alten Hallenbad belief sich das Defizit auf die Hälfte; Kegelhalle Zuschuss 168 000€ jährlich.

Wir stellen folgende Anträge:

1.   Es wird  eine fort zu führenden  Aufstellung  über alle  Abschreibungen für das bereits bestehenden  Vermögen erstellt.

2.   In Zukunft werden bei allen Neuinvestitionen, die daraus entstehenden Abschreibungen ausgewiesen.

3.   Die Abschreibungen werden in den Haushaltsplänen der nächsten Jahre bereits gesondert ausgewiesen.

4. Die ÖPP Beiträge werden jedes Jahr im Haushalt gesondert ausgewiesen ( inklusive Transferkosten).

5. Für die Bibliothek wird  sofort  wieder eine Bibliothekarin/Bibliothekar als Leiter/in eingestellt

Fazit

Das Handeln der Mehrheit der politischen Vertreter/innen dieser Gemeinde müsste endlich vom Prinzip der Nachhaltigkeit und nicht vom Prinzip der schnellen Entscheidungen und Hoffnung geleitet sein.

Bayern hat sein Transrapid-Projekt noch rechtzeitig gestoppt. Eppelheim rast mit seinem Transrapid ÖPP in eine ungewisse Zukunft. Wer die Einfälle des BGM kennt, könnte den Aprilscherz des BDS mit der U-Bahn nach Schwetzingen glatt für wahr erachten.

Wir werden auch weiterhin offen sein für eine konstruktive Zusammenarbeit, verlangen aber mehr offenen Wettbewerb, fundiertere, nachhaltigere Planungen bei allen Neubauprojekten, bessere inhaltlich aufbereitet Vorlagen für den Gemeinderat und mehr Transparenz im Vorfeld von Entscheidungen.

Wir stimmen dem Haushalt nicht zu, da er zu viele Ungereimtheiten enthält und  mit ÖPP eine nicht kalkulierbare Hypothek für die nächsten 25 Jahre.

Dank an das Kämmereiamt und allen die mit fundierten Zahlen mitgewirkt haben an der Aufstellung des Haushaltes.

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