Haushaltsrede 2019

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Christa Balling-Gündling

Kann bereits Entwarnung für die Haushaltslage gegeben werden? Gegenüber den Haushaltsberatungen muss die Stadt mit „nur noch“ ca. 36 Millionen Euro Schulden statt der ursprünglich geplanten 39 Millionen Euro rechnen.

Zwischenbemerkung zur heutigen CDU-Stellungnahme: Es ist schon mehr als verwunderlich, wenn die CDU andere Fraktionen für den Schuldenstand verantwortlich machen will, war sie es doch, die hiervon vieles mit ihrer Mehrheit beschlosst hat.

Nein, von Entwarnung kann keine Rede sein. Da nach wie vor die Eröffnungsbilanz fehlt, ist das Haushaltsdefizit ein Schätzwert, der aus dem alten kommunalen Haushalt quasi übernommen wurde. Deshalb könnte das derzeitige Defizit größer – oder wenn wir Glück haben – auch kleiner ausfallen. Das macht eine abschließende Bewertung nach den Vorgaben der Doppik fast unmöglich. Zusätzlich fehlen weitgehend strategische Ziele mit einem zeitlichen Rahmen für deren Umsetzung. Es fehlen durchgehend nachvollziehbare Angaben über den Ressourcenverbrauch der einzelnen Haushaltsposten und deren Nutzen und die dafür maßgeblichen Kennzahlen. Das Kämmereiamt braucht dafür dringend die notwendige Menpower.

Der Antrag der SPD-Fraktion zur Einführung von fundierten Kennzahlen ist richtig, macht aber erst dann Sinn, wenn die Eröffnungsbilanz vorliegt.

Um die Schwäche der Haushaltslage 2019 einigermaßen beurteilen zu können, müssen auch die Entwicklungen der letzten Jahre und die Prognosen bis 2022 in die Betrachtung mit aufgenommen werden. Sowohl 2016 wies der Ergebnishaushalt einen Fehlbetrag von 7 Millionen Euro auf, 2017 fehlten 13,5 Millionen Euro, 2018 wird wahrscheinlich einen Plus von 1,3 Millionen Euro aufweisen. Es gibt noch keine Rechnungsabschlüsse für 2017 und 2018, deren Defizite müssen noch in den Folgejahren ausgeglichen werden. Ebenso muss der Fehlbetrag in 2019 in Höhe von ca. 3,8 Millionen Euro durch entsprechende Einnahmen ausgeglichen werden.

Die Entwicklung in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2022 prognostiziert leider zusätzlich, dass in allen Folgejahren die gesetzlichen Vorgaben eines ausgeglichenen Ergebnishaushaltes nicht erfüllt werden können. Ebenso werden die allgemeinen Rücklagen von derzeit 308.000 Euro Ende 2019 bei null sein.

Um nur zwei Beispiele aus der Einnahmeseite aufzugreifen, sind zum einen erfreulicherweise die Zuweisungen des Gemeindeanteils an der Einkommenssteuer permanent auf 9,797 Millionen Euro angestiegen. Allein gegenüber 2018 ist hier eine Steigung um 1,2 Millionen Euro zu verzeichnen. Anders bei der Gewerbesteuer, die lange besser war, stagnieren dort – trotz bisher guter Konjunkturlage – die Einnahmen bei 4,4 Millionen Euro und sind eher noch rückläufig.

Ein Blick ins Investitionsprogramm zeigt, dass der Bau des Fröbel-Kindergartens mit noch 2,6 Millionen Euro der größte Ausgabeposten ist. Desweiteren gibt es drei Maßnahmen: Brücke, Kreisel, Umbau Endhaltestelle. Der Ausbau und die Verbesserung des ÖPNV schlagen zusammen mit 1,1 Millionen Euro zu Buche.

Der Kämmerer mahnt an, nur noch solche Investitionen vorzunehmen, die rentierlich sind oder zu denen die Gemeinde verpflichtet ist. Alle Maßnahmen, die dem Umwelt- und Klimaschutz in dieser Gemeinde dienen, sind für unsere Fraktion immer auch rentierliche Investitionen. Soweit erkennbar, wurden alle bisherigen Förderprogramme gestrichen. Dies sind: Zuschüsse für Solarenergie, zur Erhaltung der Streuobstwiesen, für die Pflanzung von Einzelobstbäumen sowie für Brauchwassernutzungsanlagen und Flächenentsiegelung.

Eppelheim hat sich verpflichtet, den CO2-Ausstoß zu vermindern. Nichts ist mehr von den Förderprogrammen geblieben, obwohl es eher kleine Beträge waren. Sie sollten primär Anreize für die Bevölkerung schaffen. Symbolpolitik wie die Beteiligung an „Earth Hour am 30. März“ reicht nicht aus. In Zeiten von Klimakrise, Insekten- und Artenschwund  muss wieder deutlich mehr getan werden. Deshalb müssen auch die wenigen Grüngürtel Eppelheims erhalten werden. So dürfen Teile des Bahndamms nicht den wirtschaftlichen Interessen der Deutschen Bahn zum Opfer fallen.

Eppelheim hat zurzeit eine Pro-Kopf-Verschuldung von insgesamt 2350,93 Euro. Die Herkules-Aufgabe wird deshalb sein, Schulden abzubauen. Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Generationengerechtigkeit. Unsere Fraktion wird sich dieser nicht leichten Aufgabe stellen. Dennoch werden wir auch in Zukunft nicht ohne Investitionen auskommen. Doch wie gelingt dieser Spagat aus Sparen und Gestalten?

Die Stadt muss ihre Investitionen auf deren Notwendigkeit hin fundiert begründen und die Folgekosten transparentdarstellen. Auch interkommunale Zusammenarbeit kann zur Kostenersparnis beitragen.

Die Stadt muss sich klare Prioritäten setzen. Diese müssen auch konsequent umgesetzt werden. Vorrang haben für unsere Fraktion Bildung, Umwelt, Soziales und mehr Lebensqualität für alle Eppelheimerinnen und Eppelheimer. Zur Lebensqualität gehört, in mehr umweltfreundliche Mobilität, mehr Verkehrsberuhigung, mehr städtisches Grün, ein gesundes Wohnumfeld und in eine attraktive Stadtmitte mit Begegnungszone zu investieren. Die schlichte Verlagerung von Verkehr wie etwa eine Einbahnstraße in der Haupt- und Blumenstraße ist für uns keine Lösung. Auch der Herausforderung des Klimawandels müssen wir uns dringend stellen. Wir müssen uns fragen: Wie können wir unsere Stadt weiter entwickeln, ohne uns die Luft abzuschnüren? Die Antwort ist ein gesamtstädtisches Klimagutachten, das uns sagt, wo wir weiter verdichten können und wo wir vielleicht entsiegeln müssen.

Das jetzt gestartete „Entwicklungskonzept 2035“ und das Projekt „Integration durch bürgerschaftliches Engagement und Zivilgesellschaft“ sind hier wichtige Schritte. Unsere Fraktion freut es besonders, dass dies endlich mit breiter Bürgerbeteiligung angegangen wird. Es wird eine wichtiger Aufgabe des künftigen Gemeinderats sein, die Ergebnisse aus diesen Prozessen umzusetzen.

Ein weiterer wichtiger Bereich, wo investiert werden muss, ist die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Hier stehen zum Beispiel in der Grenzhöfer Straße oder Wilhelmstraße städtische Flächen zur Verfügung.

Unserer Fraktion steht für gute und ausreichende Krippen und Kindergarteneinrichtungen mit entsprechend qualifiziertem Personal. Diese Einrichtungen bezuschusst das Land schon jetzt mit 2,2 Millionen Euro und die Gemeinde nochmals mit 4,9 Millionen Euro.

Vereine sind ein wichtiger Bestandteil des sozialen Miteinanders in dieser Gemeinde und erfordern ein vielfältiges ehrenamtliches Engagement. Dem gebührt Anerkennung. Allein für Sport und Bäder wendet die Gemeinde 2019 über 2,2 Millionen Euro auf. Hinzu kommt noch die Kulturhalle, die nochmals ein Defizit von 490.000 aufweist. Allerdings bedarf es hier einiger Veränderungen. Die Herausforderungen werden sein, die Vereine mit ins Boot zu holen, um Einsparungen zu erreichen und die Einnahmeseite nachhaltig zu verbessern.

Zum Wasserwerk: Da der Betrieb des Wasserwerks eingestellt wurde, muss nun bald eine Entscheidung getroffen werden, wie und ob diese Gebäude erhalten werden sollen und ob sie einer neuen Nutzung zugeführt werden. Vor dieser Entscheidung ist noch ein steuerlicher und rechtlicher Beratungsbedarf notwendig. Erfreulich ist, dass für die Folgejahre mit einem festen Wasserpreis von 2,13 Euro/m³ gerechnet wird, ein Überschuss von 22.730 Euro erzielt und 114.000 Euro den Rücklagen zugeführt werden können.

Die Querschüsse der CDU können wir gut verkraften, da sie uns nicht betreffen.

Unser Dank gilt dem Kämmereiamt und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rathauses.

Wir stimmen dem Haushalt 2019 und dem Wirtschaftsplan des Wasserwerks zu, erwarten aber, dass dies der letzte Kernhaushalt ohne Eröffnungsbilanz ist.