„Demokraten wählen Undemokraten“ – Grünen-Kreisrätin alarmiert wegen großer Zustimmung für AfD-Liste

Fassungslos zeigte sich Grünen-Kreisrätin Christa Balling-Gündling bei der letzten gemeinsamen Vorstands- und Fraktionssitzung. „Demokraten wählen Undemokraten. Gleichzeitig verweigern sie den Grünen die Zustimmung. In meiner langjährigen Tätigkeit im Kreistag habe ich so etwas nicht erlebt“, berichtete Balling-Gündling bei dem Treffen. Die Rede ist von der Wahl ehrenamtlicher Richter bei der letzten Kreistagssitzung am 28. Juli, die bekanntlich im Eklat endete. Die Kreisrätin: „Sieben Sitze haben die Vertreterinnen und Vertreter der AfD im Kreistag Rhein-Neckar. Dennoch erhielten die Vorschläge der Rechten bei der Aufstellung der Listen für ehrenamtliche Verwaltungsrichter zum Teil über 30 Stimmen aus den Reihen des Kreistags. Mitglieder der demokratischen Fraktionen haben also in großer Zahl ihr Kreuzchen bei den Vorschlägen einer Partei gemacht, deren Spitzenpersonal inzwischen vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Auch halten sie die AfD-Kandidat*innen offenbar für ein Richteramt geeignet – ein Tabubruch!“

Balling-Gündling erklärte weiter: „Unter den aufgestellten AfD-Vorschlägen war auch der Heidelberger AfD-Kreisvorsitzende und Kreisrat Malte Kaufmann aus Mühlhausen. Kaufmann ist nicht nur einer der aktivsten Lautsprecher seiner Partei in den Sozialen Medien, sondern dort auch stets an der Seite von ausgemachten Faschisten wie den AfD-Spitzenleuten Andreas Kalbitz und Björn Höcke, denen er in Kontroversen in der Vergangenheit immer wieder argumentativ zur Seite stand.“ Auch wenn alle AfD-Vorschläge letztlich am nötigen Quorum scheiterten, sei dies nach Auffassung der Kreisrätin ein Alarmsignal. Besonders bitter stößt ihr dabei auf, dass zugleich die Liste der Grünen abgelehnt wurde. „Es gab keine begründeten Zweifel an unseren Vorschlägen. Das war eine reine Machtdemonstration aus den Reihen der konservativen Parteien“, so die Kreisrätin.

Aus der Sicht der Grünen-Fraktion im Kreistag seien diese Vorgänge nur mit einem Mangel an Informationen zu erklären. Die AfD trete im Kreistag ausgesprochen moderat auf. Anders als im Netz vermeide sie allzu schrille Töne. „Die Vertreterinnen und Vertreter aller anderen Fraktionen im Kreistag sind durch die Bank aufrechte Demokraten und über jeden Zweifel erhaben“, erklärt Balling-Gündling. „Aber wir fordern die Kolleginnen und Kollegen dringend auf, genau hinzusehen, mit wem wir es da zu tun haben.“ So hätten die Grünen erst im Frühjahr alle demokratischen Kreistagsmitglieder zu einem Info-Seminar über Profil und Wirken der regionalen AfD eingeladen. „Viele haben die Gelegenheit leider nicht genutzt, sich ein Bild zu machen. Aber das kann man ja nachholen.“

Gerade jetzt sei es wichtig, die eigene Haltung zu den Rechtsextremen zu klären, sagte Balling-Gündling abschließend. „Als die AfD noch niedrige einstellige Wahlergebnisse einfuhr, meinten viele, das sei keine Gefahr. Sollte sie erst einmal 30 Prozent erreichen, wäre es vielleicht zu spät. Genau heute müssen wir deshalb die Demokratie gegen ihre Feinde verteidigen. Am Stammtisch, im Betrieb, in der S-Bahn … und eben auch im Kreistag!“ (ids)