5 Jahre nach dem Flüchtlingssommer – Viel geschafft!

Vor Kurzen hatte ich ein nettes Erlebnis. Als ich an einer Ampel vorbeiging, rief mir ein Autofahrer aus dem geöffneten Fenster zu: „Erinnern Sie sich an mich? Ich habe jetzt einen Job. Uns geht es gut.“ Ich musste lange nachdenken, bis der Groschen fiel. Ach ja, Yussuf aus einem der Flüchtlingsheime. Und was für ein schönes Auto! Er wollte sagen: Schau her, ich habe es geschafft. Vor ziemlich genau fünf Jahren am 25. September 2015 trafen die ersten 97 Flüchtlinge in Eppelheim ein. Viele sollten folgen, darunter auch Yussuf aus Afghanistan mit seiner Familie. Es war die Hochphase der Flüchtlingskrise. Bis 2016 sollten 1,1 Millionen Menschen Zuflucht in Deutschland finden. Die Hilfsbereitschaft war groß. Und heute?

Die Gesellschaft ist mehr denn je in der Migrationspolitik tief gespalten. Ich könnte Ihnen natürlich noch viele andere Beispiele gelungener Integration nennen. Aber das wäre nur ein Teil der Wahrheit. Denn es gibt auch die Negativbeispiele. Und ja: Der Aufstieg der AFD, Rassismus, Rechtsextremismus, Hasskriminalität – die Krise hat unsere Gesellschaft verändert. Doch wir sollten die Dinge differenzierter betrachten. Rund 60 Prozent der Deutschen glauben auch heute noch, dass das Land die Flüchtlinge gut verkraften kann. Zum Jahresende 2020 werden laut Experten etwas weniger als die Hälfte der 2015 Zugezogenen in Arbeit sein. Ohne Corona wären es mehr. Das sind beachtliche Erfolge, die wir nicht klein reden sollten.

Und Eppelheim? Die Stadt selbst tat sich zu Beginn der Krise schwer. Es waren anfangs vor allem die vielen ehrenamtlichen Helfer, die den Geflüchteten halfen, in der Fremde Fuß zu fassen. Sie sind das freundliche Gesicht Deutschlands, für das es viel Lob aus dem Ausland gab. Schon sehr früh organisierten sie Sprachkurse und ermöglichten den Neuankömmlingen eine rasche Eingliederung. Sie halfen in allen Lebenslagen, organisierten Wohnungen, brachten einige in Brot und Arbeit. Eine nicht zu vernachlässigende zivilgesellschaftliche Leistung. Und vergessen wir nicht die Erzieher*innen und Lehrer*innen. Kindergarten und Schule waren schon immer der Ort, wo Sprache, Kultur und Werte vermittelt werden. Heute übernimmt die Stadt mit ihren Integrationsmanagerinnen und der Integrationsbeauftragen einen wichtigen Teil der Integrationsarbeit. Ein Meilenstein in der Integrationspolitik in Eppelheim war sicherlich auch 2019 das Beteiligungsprojekt aus dem Landesprogramm “Integration durch bürgerschaftliches Engagement“. Daraus sind einige interessante Projekte hervorgegangen. Jetzt werden sie gemeinsam mit der Bürgerschaft umgesetzt – auch dank breiter Unterstützung der Bürgermeisterin und des Gemeinderats.

Auch wenn man einiges hätte besser machen können und Corona Hauptamtliche, Ehrenamtliche und Flüchtlinge zurückgeworfen hat, kann ich im Rückblick sagen: Wir haben viel geschafft. Seien wir stolz darauf. Knüpfen wir daran an. Die Arbeit ist noch nicht getan. Integration braucht einen langen Atem.  

Foto: Stefan Schwerdt