Haushaltsrede 2021

Christa Balling-Gündling (Gemeinderat 22.02.2021)

Dieser Haushalt ist wie ein andauerndes Déjà-vu: Seit 2018 verzeichnet das Endergebnis im Ergebnishaushalt einen Plus statt eines prognostizierten Fehlbetrags. Entwarnung bedeutet das aber keineswegs. In den Vorjahren lag das zumeist an höheren Steuereinnahmen und Zuschüssen. Das genaue Ergebnis der Vorjahre kennen wir nach wie vor nicht, da dem Gemeinderat seit 2015 kein Rechnungsergebnis vorgelegt werden konnte. Grund ist die fehlende Eröffnungsbilanz. Laut Kämmerei ist sie jetzt druckfertig und die prognostizierten Ergebnisse der letzten Jahre haben sich leicht verbessert. Dennoch: Die finanzielle Lage der Stadt bleibt mehr als angespannt. Da beißt die Maus keinen Faden ab.

Hier reicht ein Blick auf die Zahlen: Der Ergebnishaushalt weist eine Unterdeckung von 4,984 Mio. € auf. Nach Stand Februar kann diese noch durch Rücklagen ausgeglichen werden, wird aber bis Ende 2021 auf 1,691 Mio. € abgeschmolzen sein. Mehr als problematisch ist die Lage deshalb, weil auch in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2024 mit jährlichen Fehlbeträgen gerechnet wird. Diese summieren sich im Zeitrahmen 2022-2024 auf 16.726.893 Mio. €.

Eigentliches Ziel des neuen kommunalen Haushaltsrechtes ist die Generationengerechtigkeit. Das bedeutet: Was an Ressourcen jährlich verbraucht wird, muss im Ergebnishaushalt erwirtschaftet werden. Davon sind wir weit entfernt. Momentan lebt Eppelheim von der Hand in den Mund – auf Kosten der nächsten Generation. Das muss sich ändern. Das ist aber angesichts der großen städtischen Infrastruktur und den daraus resultierenden Defiziten keine leichte Aufgabe. Keiner verzichtet gerne auf liebgewonnene Einrichtungen oder ist bereit mehr zu zahlen. Beispiele für Einrichtungen mit hohen Defiziten:

– Hallenbad: – 660.277 €

– Kegelhalle: – 119.820 €

– Rudolf Wild Kulturhalle: – 518.810 €

– Rhein-Neckar-Halle: – 265.255 €.

Momentan ist die Liquidität gewährleistet, wird aber schrumpfen von 27.178 Mio. € zum Jahresanfang 2021 auf 3,713 Mio. € in 2024. Neben der Mindestliquidität verbleiben noch 2 Mio. €. Positiv ist zu vermerken, dass 2021 und in den Folgejahren keine neuen Schulden für Investitionen aufgenommen werden müssen, was der derzeitigen Liquidität zu verdanken ist.

Wie umgehen mit der Quadratur des Kreises?

Haushalt konsolidieren, Prioritäten setzen, strategische Ziele konsequent verfolgen, Klima schützen, Eppelheim als Wohn- und Wirtschaftsstandort stärken – das muss unser Fahrplan für die nächsten Jahre sein. Nach Jahrzehnten des Schlendrians hat Eppelheim in den letzten Jahren seine Hausaufgaben gemacht. Vor allem die Einnahmen wurden erhöht. Diese sind jedoch ein Tropfen auf dem heißen Stein angesichts der Kosten. Strenge Haushaltsdisziplin ist weiter gefragt.

Bei jeder größeren neuen Investition muss den Verantwortlichen in Gemeinderat und Verwaltung klar sein, dass sich die Folgekosten durch die damit einhergehenden Abschreibungen erhöhen. Wir brauchen eine verbindliche Priorisierung der Ausgaben und Neuinvestitionen. Jede Investition muss einer strengen Wirtschaftlichkeitsanalyse unterzogen werden. Alle Entscheidungen müssen unter den Prämissen der strategischen Ziele, der Rentierlichkeit und des Klimaschutzes gestellt werden.

Es muss ein Schuldenabbau stattfinden – auch das ist ein strategisches Ziel. Ende 2021 sollten sich die Schulden mit dem Wasserwerk noch auf 32,7 Mio. € belaufen, allein davon knapp 11,2 € Mio. für ÖPP. Durch einen jährlichen Rückgang von etwas über 1,5 Mio. € sollen sie sich dann in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2024 auf immer noch 27,841 Mio. € belaufen.

Wichtige anstehende Investitionen sind derzeit die Fortsetzung der Digitalisierung der Schulen, der Umbau der Endhaltestelle und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Für Letzteres sind 2 Mio. € für Grundstückserwerbe angesetzt. Nicht unerhebliche Investitionen wurden in die Kinderbetreuung in den letzten Jahren getätigt. Wir haben in Eppelheim jetzt vorbildliche Kinderbetreuungseinrichtungen.

Nach wie vor wird zu wenig in Umwelt, Naturschutz und Klima investiert. Es ist, als ob Eppelheim eine Insel der Glückseligen wäre. Klimawandel und Artensterben machen nicht vor den Stadttoren Halt. Positiv hervorzuheben sind hier das beschlossene Müllvermeidungs- und Biotopverbundkonzept und die Wiederauflage des Umweltförderprogramms. Bei allen drei Projekten warten wir aber bislang auf die Umsetzung. Wohlfeile Worte reichen nicht aus. Beschlüsse gelten nur so viel, wie sie auch umgesetzt werden. Das macht die Glaubwürdigkeit einer Politik aus.

Welche Möglichkeiten sehen wir als Grüne Fraktion, um sowohl die strategischen Ziele als auch die Finanzen im Auge zu behalten? Dazu kann ich eigentlich nur das wiederholen, was unsere Fraktion bereits seit Jahren fordert:

  • Die Hebesätze der Grund- und Gewerbesteuer erhöhen.
  • Die Ausgaben für Energie bei den von der Stadt und dem ÖPP-Partner bewirtschafteten Gebäude von der KLIBA auf mögliche Einsparungen überprüfen lassen und diese beim ÖPP-Partner einfordern.
  • Überprüfung und Anpassung des Erbbauzinses.
  • Überprüfung der Freiwilligkeitsleistungen.
  • Defizite bei der Friedhofsbewirtschaftung und den Hallen reduzieren.
  • Keine Defizite bei den öffentlichen Parkmöglichkeiten, sondern Einnahmen requirieren.
  • Eine Entscheidung zur Zukunft der Rhein-Neckar-Halle treffen.
  • Mehr Eigenengagement bei den Vereinen fördern und fordern.
  • Schaffung eines Jugendgemeinderats oder Jugendforums, um eine Einbindung junger Menschen in die Politik vor Ort zu ermöglichen.
  • Attraktivität des ÖPNV stärken. Besonders für ältere Menschen oder Menschen mit Kleinkindern und Behinderte wäre es beispielsweise wichtig, mehr Unterstände für die City-Bus-Linie zu errichten (gegenüber Lidl oder in der Albert Schweizer Straße).
  • Ein gesamtstädtisches Klimagutachten, das uns sagt, wo wir weiter verdichten können und wo wir vielleicht entsiegeln müssen – gerade im Hinblick auf die notwendige Anpassung an den Klimawandel.
  • Das Umweltförderprogramm für Eppelheim, das derzeit überarbeitet wird, muss auch finanziell ausgestatten werden. Eppelheim hat sich verpflichtet den CO2-Ausstoß zu verringern. Es muss in Zeiten von Klimakrise, Insekten- und Artenschwund noch deutlich mehr getan werden.
  • Ein weiterer wichtiger Bereich, ist die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Mit der Auflage einen bestimmten Anteil von Sozialwohnungen zu integrieren, könnten z. B. genossenschaftliche, gemeinnützige oder auch freie Wohnungsbaugesellschaften in Eppelheim diese Aufgabe übernehmen.
  • Mehr Investition in erneuerbare Energien, Radverkehr und E-Mobilität.
  • Eine weitere wichtige Zukunftsaufgabe ist die schrittweise Attraktivierung unserer Innenstadt durch Shared Space, Entsiegelung und Begrünung der Straßen und Plätze.
  • Erhalt und Profilierung unsers Gewerbegebiets im Norden, auch unter der Prämisse der Anpassung an den Klimawandel.
  • Und nicht zuletzt ein Aspekt, der bei allen Plänen immer wieder unter den Tisch fällt: Erhalt und Pflege unserer letzten verbliebenen Grünflächen und Felder – für Naherholung, Landwirtschaft und Flora und Fauna.

Zusammenfassend wird mehr als deutlich, dass sich die Haushaltslage auch angesichts des Coronavirus in den nächsten Jahren kaum verbessern wird. Trotzdem sollten wir die vorhandenen aufgezeigten Handlungsspielräume nutzen, um Eppelheim zukunftsfähig zu machen.

Zum Wasserwerk:

Bei einem Wasserpreis von 2,13 € /m³, wird mit einem Gewinn von 129.610 € gerechnet. Es ist keine Kreditaufnahme für die Investitionen geplant, die zum größten Teil in die Erneuerung bzw. Erweiterung des Rohrnetzes durchgeführt werden müssen.

Die Fraktion der Grünen bedankt sich beim Kämmereiamt und der gesamten Verwaltung für die in der Pandemie geleistete Arbeit.

Gültigkeit hat nach wie vor der Satz von Mathias Claudius, den ich bereits letztes Jahr eingangs meiner Haushaltsrede zitiert habe und der auch für unser Handeln eine Richtschnur sein könnte: „Die Wahrheit richtet sich nicht nach uns, sondern wir müssen uns nach der Wahrheit richten“.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stimmt dem vorgelegten Haushalt und dem Haushalt des Wasserwerks zu.