Claudia Grau-Bojunga

Boden ist nicht vermehrbar

Wussten Sie, dass am vergangenen 5. Juni Internationaler Tag der Umwelt war? Es soll das Bewusstsein dafür stärken, dass es vor allem der Mensch ist, der die Vielfalt und Stabilität der Umwelt bedroht. Beim Stichwort Umwelt fällt mir aktuell der Paragraf 1a des Baugesetzbuchs ein. Da heißt es: „Mit Grund und Boden soll sparsam und schonend umgegangen werden“. Tatsächlich werden täglich Flächen in einer Größenordnung von 79 Fußballfeldern nur in Deutschland versiegelt. Laut Umweltbundesamt hat „eine übermäßige Bodenversiegelung unmittelbare Auswirkungen auf den Wasserhaushalt“. Irgendwie wissen wir das mittlerweile alle. Auch, dass das Stadt- und Kleinklima negativ beeinflusst wird, ist kein Geheimnis. Von den Auswirkungen auf Fauna und Flora und die CO2-Bilanz ganz zu schweigen.

Der Knackpunkt am „schonenden Umgang mit Grund und Boden“ ist: Es lässt sich nur wenig Geld damit verdienen. Unser ganzes Wirtschaftssystem ist auf ständiges Wachstum ausgelegt. Was die Natur den Menschen an „wirtschaftlichen Diensten“ erbringt, ist nicht genau zu beziffern. Doch nichts kann unendlich wachsen, auch Eppelheim nicht. Fakt ist, Böden liefern Trinkwasser, Nahrung, Rohstoffe und durch die darin lebenden Bodenbewohner werden organische Stoffe aller Art zersetzt und wieder zu Erde. Schonend genutzte landwirtschaftliche Flächen sind maßgeblich an der Grundwasserbildung beteiligt und das entsteht nur, wenn ausreichend Regenwasser auf geeigneten Flächen versickern kann. Meine Sorge ist, dass unsere kostbarste Ressource bald nicht mehr reicht für uns Bürger, Tiere, Pflanzen und die Landwirtschaft.

Allen Gremienmitgliedern ist dieser Paragraf des Baugesetzbuches bekannt. Dennoch werden Mobilfunkmasten in Biotopen genehmigt, Einkaufszentren auf der grünen Wiese geplant. Dabei hat sich Eppelheim in den Leitsätzen zur Stadtentwicklung klar für den Schutz der Umwelt ausgesprochen. Darin heißt es zum Beispiel: „Eppelheim ergreift Maßnahmen zum Umweltschutz“. Und: „Der hohe Druck auf dem Wohnungsmarkt, darf nicht zu Lasten der ohnehin dicht bebauten Stadt gehen“. Was ist daraus geworden? Bei dem derzeitigen Bauboom, den auch Eppelheim erlebt, gerät das aus dem Blickfeld. Stadtentwicklung wird mit „Bauen“ und „Wachstum“ gleichgesetzt. „Nachverdichtung“ heißt das Zauberwort. Doch behutsam ist es nicht. Im Grunde hat sich nichts geändert.

Wir müssen genau jetzt ins Handeln kommen. Den Weg des Gewohnten verlassen und die Dinge einfach mal anders, ökologischer machen. Es gibt Alternativen. Beispielsweise den Flächenverbrauch mutig bis 2030 auf Netto-Null setzen – das wäre umwelt- und generationengerecht. Das heißt nicht, dass nichts mehr gebaut werden darf. Es müssen nur anderenorts versiegelte Flächen entsiegelt und vor erneuter Bebauung freigehalten werden. Vor diesem Hintergrund lasse ich mich gern als Verhinderin bezeichnen. Ich möchte verhindern, dass mir meine Kinder und Enkel einmal die Frage stellen: Warum habt ihr damals, als es noch Möglichkeiten gab, unsere Lebensgrundlage zu erhalten, nichts unternommen?

Haben Sie Fragen hierzu? Unter claudia.grau-bojunga@gruene-eppelheim.de bin ich für Sie erreichbar.

Beitrag von Claudia Grau-Bojunga in den Eppelheimer Nachrichten // Ausgabe vom 10.06.21