Mobilitätskonzept verabschiedet: Jetzt Turbogang einlegen!

Beitrag von Isabel Moreira da Silva in den Eppelheimer Nachrichten // Ausgabe vom 21.10.21

Am 20. September wurde das lang erwartete Mobilitätskonzept verabschiedet. Die Erwartungen sind hoch, und das nicht nur wegen der vielen ungelösten Verkehrsprobleme. Auch der Klimawandel und seine dramatischen Folgen zwingen die Politik zum Handeln. Unser Fazit hierzu: Die Richtung stimmt. Es fehlt nur noch am Tempo.

Positiv ist: Die Ziele sind an den Klimazielen des Landes ausgerichtet. Auch in Eppelheim soll der CO2-Ausstoß beim Verkehr um mindestens 40 Prozent gegenüber 2010 gesenkt werden. Dies ist nur zu erreichen, wenn der öffentliche Verkehr verdoppelt, jeder zweite Weg mit Rad, zu Fuß oder per Tretroller zurückgelegt und ein Drittel weniger Autos in unseren Straßen fahren. Wir stimmen den Planern zu, wenn sie schreiben: „Ein ‚Weiter so‘ ist nicht mehr möglich“. Dennoch bleibt das Konzept in vielen Punkten unter den Erwartungen. So fehlt eine vertiefte Behandlung der Themen Barrierefreiheit, ÖPNV und Schwerlastverkehr. Hinter der prognostizierten Senkung des motorisierten Verkehrs bis 2030 um lediglich 15 Prozent ist ebenfalls ein dickes Fragezeichen zu setzen. Mobilitätswende ist nicht mit angezogener Handbremse zu erreichen. Wir erwarten deutlich ambitioniertere Ziele.

Sehr zu begrüßen sind die vielen Maßnahmen zur Verbesserung des Radverkehrs. Ein zentrales Element dabei: Fahrradstraßen. Aber auch hier erwarten wir mehr Mut. Fahrradstraßen sind nicht dazu da, Radfahrer an den Rand zu drängen oder von den Hauptverkehrsrouten „wegzubekommen“. Zügige Ost-West- und Nord-Süd-Verbindungen müssen gerade dort entstehen, wo bereits viele Radler unterwegs sind. Daher ist fraglich, ob eine Fahrradstraße an der Freiherr-von-Drais-Straße entlang der Autobahn überhaupt sinnvoll ist. Hier fahren ohnehin kaum Autos. Das ist für uns radpolitische Kosmetik. Dagegen müsste beispielsweise auch die gesamte Seestraße als wichtigste Nord-Süd-Achse als Fahrradstraße geprüft werden.

Beim Parken soll es künftig eine zonengebundene Bepreisung der Parkplätze geben. Das ist aus Klimaschutzgründen sinnvoll. Darüber hinaus sollten die Gebühren für das Anwohnerparken, wie bereits in anderen Städten erfolgt, zeitgemäß angepasst werden. Die im Vorfeld kontrovers geführte Diskussion umeine mögliche Einbahnstraßenregelung in der Hauptstraße hat Früchte getragen. Die nun vorgelegten Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Eine Einbahnstraße hätte gravierende Auswirkungen auf die Seitenstraßen – und dürfte vom Tisch sein. Unsere Fraktion favorisiert weiterhin die Variante mit Schritttempo in der Hauptstraße, Tempo 20 in der Scheffelstraße und Fahrradstraße in der Blumenstraße. Nur diese Lösung bietet eine deutliche Verbesserung in Sachen Gestaltung, Aufenthaltsqualität, Sicherheit, Lärm- und Klimaschutz. Sie wirkt wie ein „Pfropfen“, der den Verkehr nachhaltig in der Innenstadt reduziert.

Leider wird bei der Umsetzung kräftig auf die Bremse gedrückt. Zu viele Maßnahmen sind „zurückgestellt“. Unsere Fraktion hat deshalb beantragt: Alle Maßnahmen zum Rad- und Fußverkehr sollen in den nächsten drei Jahren umgesetzt werden. Für die übrigen Maßnahmen sind präzise Zeithorizonte festzusetzen, damit sie nicht auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben werden. Der Anfang ist gemacht. Die Maßnahmen müssen jetzt beherzt und zügig angegangen werden. Bei der Verkehrswende müssen wir jetzt den Turbogang einlegen. Foto: Stefan Schwerdt