Projekt „Erich-Veith-Straße“ – Grüne kritisieren: Klima und Umwelt zu wenig berücksichtigt 9. März 202210. März 2022 Stellungnahme von Christa Balling-Gündling in der Gemeinderatssitzung vom 07.03.22 Bei der Suche nach noch zu bebauenden Grundstücken in Eppelheim ist es zweifellos keine einfache Aufgabe, Klima- und Umweltschutz mit ökonomischen und sozialen Belangen in Einklang zu bringen. Angesichts Klimakrise, Artensterben und fortschreitendem Klimawandel bedeutet Bauen heute mehr denn je, verantwortungsvoll mit unseren Ressourcen und unserer Umwelt umzugehen. Trägt dieser Bebauungsplan dem ausreichend Rechnung? Wie von unserer Fraktion in der Novembersitzung dargelegt, wurden in Gesprächen mit dem Grundstückseigentümer und dem Investor Zugeständnisse gemacht, die wir auch anerkennen wollen: das gesamte Regenwasser soll vor Ort versickert werden;die Dächer sollen als Ausgleich für die zusätzlich versiegelte Fläche von 1600 m² begrünt werden;es ist eine insektenfreundliche Außenbeleuchtung vorgeschrieben;es wurde ein artenschutzrechtliches Gutachten erstellt, in dem unter anderem Vorgaben zum Bauablauf gemacht werden. Außerdem werden Maßnahmen zur Minimierung der Störungen der geschützten Arten genannt.Außerdem muss vor dem Abriss der Gebäude erneut untersucht werden, ob sich zum Beispiel Fledermäuse in den Gebäuden befinden. Aus dem artenschutzrechtlichen Gutachten resultieren viele Sorgfaltspflichten und Maßnahmen zu den streng geschützten Arten. Wir begrüßen deshalb ausdrücklich den artenschutzrechtlichen Vertrag zwischen der Stadt und dem Vorhabenträger mit dem der unteren Naturschutzbehörde eine Kontrollmöglichkeit gegeben ist, ob alle notwendigen artenschutzrechtlichen Vermeidungsmaßnahmen auch vorgenommen wurden durch den Einsatz einer ökologischen Baubegleitung. Wesentliche Knackpunkte dieses Bebauungsplans sind für unsere Fraktion jedoch nach wie vor: Es wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter anderem mit der Kartierung und Bewertung des Baumbestandes durchgeführt. Allerdings bleiben nach Abschluss der Baumaßnahmen im Idealfall von den 60 Gehölzen, die auf dem zu bebauenden Grundstück stehen, nur noch 3 Bäume und 4 Sträucher übrig. Das ist uns zu wenig! Zwar sind Nachpflanzungen von Bäumen vorgesehen, aber in welchem Umfang ist unklar. Denn die Vorgabe, dass ab einer Grundstücksgröße von 250 Quadratmetern ein Hochstamm gepflanzt werden muss, ist Augenwischerei, da bis auf das Grundstück des Mehrfamilienhauses, kaum eines der 22 Häusergrundstücke diese Größe erreichen wird. Des Weiteren gibt es keinerlei Pflanzgebote zu den in der Planzeichnung abgebildeten „neuen Bäumen“. Die Aussagen, die zur Bereitstellung von Ersatzhabitaten für Fledermäuse und Vögel gemacht werden, sind sehr unverbindlich, da es hierzu in der Begründung heißt, dass es an „fehlenden geeigneten Festsetzungsmöglichkeiten mangelt“. Das bedeutet, dass unklar ist, wo diese Maßnahmen umgesetzt werden. Die Bebauung hat Auswirkung auf unsere Infrastruktur. Die Frage, die wir uns grundsätzlich stellen müssen, lautet: In welchem Umfang wollen wir noch wachsen? Wir sind nicht gegen eine nachhaltige Nachverdichtung, aber die Konsequenzen eines weiteren neuen Quartiers müssen immer mitbedacht werden. Mehr Einwohner bedeutet auch einen größerer Bedarf an Kindergärten und Schulen. Die beiden Grundschulen fahren schon heute am Limit. Auf dem bisher als Gewerbegebiet ausgewiesenen Areal ist geplant, insgesamt 22 Häuser und ein Mehrfamilienhaus mit 9 Wohnungen durch eine Umwandlung in ein Mischgebiet auf einem Areal von 6980 Quadratmetern zu errichten. Die GFZ wird auf 0,5 festgelegt, kann allerdings bis auf 0,7 überschritten werden, was gegenüber der vorher unversiegelten Fläche von 3300 Quadratmetern schon eine massive Veränderung für das Areal bedeutet. Lärmemissionen: Unsere Fraktion hat schon mehrfach darauf hingewiesen, dass es dort von Seiten der Autobahn keine Lärmschutzwand gibt und Konflikte mit den im Süden angrenzenden Industriebetrieben nicht ausgeschlossen werden können. Auch unser wiederholter Hinweis, dass es sich bei dem Gebiet nicht um ein Misch- sondern de facto um ein Allgemeines Wohngebiet handelt und dies ein Etikettenschwinden sei, wurde weder von der Verwaltung noch von den Planern aufgenommen. Dies wird nun von der IHK Rhein-Neckar in ihrer Stellungnahme explizit bestätigt, wenn sie schreibt: „Sollte unter dem Deckmantel des Mischgebietes ausschließlich Wohnnutzung beabsichtigt werden, für das lediglich höhere Lärmgrenzen gelten sollen, so handelt es sich nach geltender Rechtsprechung um einen Etikettenschwindel, der planungsrechtlich nicht gedeckt ist.“ Der Bewertung der Stellungnahme der IHK durch die Verwaltung bzw. den Planer kann unsere Fraktion nicht folgen, nämlich, dass die Nutzungsmischung des vorgelegten Bebauungsplans den Anforderungen eines Mischgebietes entsprechen würde. Wie heißt es so zutreffend auf S. 15 in Plan C: „Natur- und Landschaftsschutz werden abwägungsbeachtlich behandelt“. Der entscheidende Punkt ist aber, wo setzt man seine Schwerpunkte in der Abwägung zwischen Ökologie und Ökonomie? Die Fraktion der Grünen hätte sich ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Ökologie und Ökonomie erhofft. So lobenswert die richtigen ökologischen Ansätze des Bebauungsplanes sind, die Fraktion der Grünen hätte sich mehrheitlich eine nachhaltigere Nachverdichtung vorgestellt, bei der weniger Häuser und nicht nur 7 von den jetzt noch vorhandenen 60 Gehölzen erhalten bleiben. Der jetzige Baumbestand ist nicht nur CO2-Speicher und bietet Lebensraum für die verschiedenste Tierarten. Er ist vor allem auch für das Stadtklima wichtig, da Bäume die Umgebung abkühlen – gerade in diesem Bereich. Denn durch den großen asphaltierten Parkplatz, die großflächigen Industriegebäuden und die geringe Durchgrünung ist das Klima dort im Sommer schon jetzt stark aufgeheizt. Unser Fazit: Dem Lärm- und Klimaschutz und der Erfordernis einer Anpassung an den Klimawandel wird mit diesem Bebauungsplan nicht ausreichend Rechnung getragen. Wir haben auch Bedenken, dass die Festsetzung eines Mischgebiets rechtlich zulässig ist. Deshalb wird unsere Fraktion mehrheitlich dem Bebauungsplan nicht zustimmen können. Christa Balling-Gündling Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen